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Veröffentlicht am
06.05.2022 19:40:04

MTB-Weltcup Albstadt: Gaze und McConnell siegen im Short Track - Schwarzbauer auf vier, Eibl Neunte

Mit einem Husarenritt bescherte Schwarzbauer den deutschen Fans in Albstadt viel Grund zum Jubeln. Foto: Armin Kuestenbrueck
Mit einem Husarenritt bescherte Schwarzbauer den deutschen Fans in Albstadt viel Grund zum Jubeln. Foto: Armin Kuestenbrueck

Albstadt (rad-net) - Rebecca McConnell und Sam Gaze sind die beiden Sieger*innen des Short Tracks im Rahmen des zweiten Laufs des UCI Mountain Bike World Cups 2022. In zwei bis zuletzt sehr umkämpften und spannenden Rennen konnten sich die Australierin und der Neuseeländer im Finale durchsetzen. Besonders erfreulich für die einheimischen Fans: Der Nürtinger Luca Schwarzbauer fuhr auf den vierten Rang und schrammte nur knapp am Podium vorbei, zudem landete die Albstädter Lokalmatadorin Ronja Eibl auf Position neun im Damenfeld.

Zum Auftakt des zweiten Laufs der UCI Mountain Bike Weltcupserie ging es im schwäbischen Albstadt für die 40 schnellsten Mountainbikerinnen und Mountainbiker der Welt in der Short Track-Disziplin um wichtige Punkte in der Weltcupwertung. Erstmalig nach drei Jahren kehrten dabei wieder eine Vielzahl von Zuschauerinnen und Zuschauer an den Fuß des Albstädter Bullentäles zurück, um die Top-Stars auf der 1,1 Kilometer langen Runde anzufeuern.

Damen: McConnell mit langem Atem im Zielsprint zum Sieg

Die Australierin Rebecca McConnell, Siegerin des Weltcupauftaktrennens in der Cross-Country-Disziplin im brasilianischen Petropolis, jubelte nach kurzer 20-minütiger Rennaction über den Sieg im Damenfeld hauchdünn vor der Französin Pauline Ferrand-Prévot und der Schwedin Jenny Rissveds. Dabei war das Tempo im Damenfeld von Beginn an sehr hoch und sorgte dafür, dass sich das Spitzenfeld nach und nach dezimierte – das Rennen glich in weiten Teilen einem Ausscheidungsfahren, wie es sonst von Wettkämpfen im Bahnradsport bekannt ist: Zunächst hielten noch rund 20 Fahrerinnen den Anschluss an die Spitze, zur Rennhälfte waren nur noch rund zehn Athletinnen vorne vertreten. Durch das dauerhaft hohe Tempo gab es im Feld keine vorentscheidenden Vorstöße, sodass einige wenige Fahrerinnen in den letzten Runden um den Sieg kämpften. Drei Umläufe vor Schluss setzte sich erstmalig die spätere Siegerin Rebecca McConnell an die Spitze, was eine weitere Selektion auf eine sechs Fahrerinnen starke Spitzengruppe bewirkte. Zum Showdown kam es in der abschließenden Runde, in der sich die Australierin zu Beginn der letzten kurzen Abfahrt vor dem Ziel erneut an die Spitze setzte. Einzig Pauline Ferrand-Prévot blieb unmittelbar am Hinterrad von McConnell, sodass es auf der asphaltierten Zielgerade zur Sprintentscheidung kam.

Die Australierin McConnell konnte dabei Ferrand-Prévot in Schach halten, auch wenn die Französin die höhere Endgeschwindigkeit besaß. Das Foto-Finish musste schließlich entscheiden, mit dem besseren Ende für McConnell. Auf Position drei setzte sich indes die Schwedin Jenny Rissveds fest, den sie im Zielsprint auch behaupten konnte. Rang vier ging etwas überraschend an die Schweizerin Alessandra Keller, direkt dahinter folgte die Olympiasiegerin Jolanda Neff auf Platz fünf. Die einheimische Hoffnung im Damenfeld, Ronja Eibl, schaffte im Schatten der Top-Fahrerinnen im Spitzenfeld als Neuntplatzierte den Sprung unter die Top Ten. Von Beginn an positionierte sich die Grosselfingerin unter den besten zwanzig Fahrerinnen und arbeitete sich infolgedessen konstant nach vorne. In der letzten Runde schob sie sich schließlich noch unter die besten zehn Fahrerinnen und wird somit am Sonntag im Cross-Country-Rennen aus der zweiten Startreihe ins Rennen gehen. Der eher überraschende Erfolg sorgte für Freudestrahlen im Gesicht bei der 22-Jährigen: «Ich hatte keinen sehr guten Start und habe dann versucht, mich Stück für Stück nach vorne zu arbeiten, indem ich an einigen guten Stellen Fahrerinnen überhole. Ich hätte vor dem Rennen nicht gedacht, so weit vorne zu landen.» Die beiden weiteren deutschen Starterinnen Nadine Rieder und Nina Benz verpassten als 26. und 27. die Qualifikation für die ersten drei Startreihen für das kommende XC-Rennen nur knapp. Insbesondere die vielen engen Positionskämpfe und die dadurch erhöhte Gefahr für Stürze machte den beiden nach eigener Aussage zu schaffen.

Herren: Neuseeländer Gaze taktisch raffiniert – Schwarzbauer schrammt knapp am Podium vorbei ««Du warst ja nicht mehr zu bremsen»: Die Oma des deutschen Hoffnungsträgers Luca Schwarzbauer fasste das Renngeschehen im Short Track aus der Sicht der einheimischen Fans geeignet zusammen. Mit einem Husarenritt bescherte Schwarzbauer den deutschen Fans viel Grund zum Jubeln und beinahe das erste deutsche Podium in einem Short Track-Rennen im Albstädter Bullentäle seit der Einführung der Disziplin im Weltcup 2018. Über weite Strecken hinweg zeigte sich der Nürtinger an der Spitze des Feldes und musste in der letzten Runde lediglich drei Fahrer ziehen lassen. Rang vier bedeutet für Schwarzbauer damit nichtsdestotrotz das beste Weltcupresultat in einem Short Track-Rennen jemals. Den Sieg im Herrenfeld sicherte sich der Neuseeländer Samuel Gaze, der sich nach einer längeren Leidensgeschichte mit vielen Verletzungen besonders glücklich über seinen Erfolg zeigte. Rang zwei ging an den Franzosen Jordan Sarrou, der auf den letzten Metern noch den neunfachen Cross-Country-Weltmeister Nino Schurter absprinten konnte.

Der Rennverlauf der Herren war indes geprägt durch viele taktische Spielereien an der Spitze, die insbesondere im Zusammenhang mit Gegenwind auf der langen Start-Ziel-Geraden am Fuße des Albstädter Bullentäles entstanden. Immer wieder rollte das Spitzenfeld dort zusammen und wurde durch Tempoverschärfungen verschiedener Fahrer im Verlauf der weiteren 1,1 Kilometer der Short Track-Runde auseinandergezogen. Um diesem «Ziehharmonika-Effekt» etwas aus dem Weg zu gehen, beschloss Luca Schwarzbauer bereits im ersten Renndrittel das Zepter in die eigene Hand zu nehmen und selbst das Tempodiktat vorzugeben. Über mehrere Runden hinweg führte der Canyon-Fahrer infolgedessen das Feld an und sorgte somit für eine brodelnde Stimmung an der Rennstrecke. In den letzten Runden stieg das Tempo durch eine Attacke des Brasilianers Henrique Avancini abermals an, was jedoch Luca Schwarzbauer nicht davon abhielt an seiner Taktik festzuhalten: Eingangs des letzten Umlaufs setzte sich Schwarzbauer an die Spitze des Feldes und führte dieses bis kurz vor der letzten Abfahrt an. Einzig der spätere Sieger Sam Gaze schob sich bereits an dieser Stelle vorbei und brachte sich damit in eine ideale Ausgangsposition für die letzten Meter vor dem Ziel. Als bekannt sprintstarker Fahrer ließ sich Gaze die Führung nicht mehr nehmen und fuhr somit zum etwas überraschenden Sieg:

«Ich hatte in letzter Zeit mit einigen Verletzungen zu kämpfen und somit standen einige Fragezeichen im Raum, wozu ich heute in der Lage sein könnte. Ich habe versucht das Rennen über ruhig zu bleiben und habe mich auch nicht durch meinen eher schlechteren Start irritieren lassen. In der letzten Runde hat sich für mich die Chance ergeben, die Führung zu übernehmen und diese habe ich dann genutzt. Ein großartiger Tag für mich!», so die Einschätzung des Neuseeländers im Ziel.

Auf Position zwei kam der Franzose Jordan Sarrou ins Ziel, der sich in der heißen Phase des Rennens geschickt auf der vierten Position festsetzten konnte und auf den letzten Metern zunächst Luca Schwarzbauer und später auf der Zielgeraden auch noch Nino Schurter passieren konnte. «Ich wollte in die erste Startreihe für das Cross-Country-Rennen am Sonntag! Nachdem ich beim letzten Weltcup in Petropolis passen musste, wusste ich noch nicht genau, wo ich stehe. Am Schluss habe ich die richtigen Momente zum Überholen gefunden und mich so auf den großartigen zweiten Platz geschoben.» Auch der Cross-Country-Weltmeister Nino Schurter freute sich am meisten über die gute Startposition für das folgende Cross-Country-Rennen: «Das Short Track-Rennen ist nicht mein wichtigstes Ziel fürs Wochenende, ich möchte möglichst weit vorne im Cross-Country-Rennen starten. Das habe ich das gesamte Rennen über im Kopf behalten und mich vorne positioniert. Am Ende gelang es mir noch einige Plätze gutzumachen – ich bin ziemlich glücklich über den dritten Rang.»

Zunächst etwas enttäuscht über die verpasste Chance auf das erste Weltcuppodium in seiner Karriere, konnte sich Luca Schwarzbauer nach kurzer Zeit dennoch mit dem vierten Rang anfreunden: «Ich habe in der letzten Runde ein paar kleine taktische Fehler gemacht, die mir das Podium gekostet haben. Ich hätte vielleicht nicht die Beine gehabt, um heute zu gewinnen. Für das Podest hätte es aber sicher gereicht, wenn ich vor dem Ziel die Tür für Nino und Jordan nicht aufgemacht hätte.» Weitere deutsche Fahrer waren im Short Track der Herren nicht startberechtigt.