Roubaix (dpa) - Wenn Marcel Sieberg von den Kameras eingefangen wird, dann meist nach einem Sieg von Sprintstar André Greipel. Der Hüne mit der stattlichen Größe von 1,98 Metern ist stets der erste Gratulant des zehnmaligen Etappensiegers bei der Tour de France.
Sieberg ist nicht nur Greipels bester Freund, sondern auch dessen wichtigster Anfahrer bei den Sprintentscheidungen im Radsport. Am Sonntag beim berüchtigten Frühjahrsklassiker Paris-Roubaix stand Sieberg mal nicht wegen seiner treuen Helferdienste ein wenig im Rampenlicht. Der Mann aus Castrop-Rauxel fuhr völlig überraschend auf den siebten Platz und war damit bester Deutscher. «Das macht mich schon stolz», sagt Sieberg, der bis kurz vor Rennende sogar vom ganz großen Coup träumen durfte.
Erst als der Belgier Sep Vanmarcke auf der viertletzten Kopfsteinpflaster-Passage eine weitere Tempoverschärfung einleitete, musste der 33-Jährige abreißen lassen. Mit rund einer Minute Rückstand erreichte er die Betonpiste im ehrwürdigen Velodrome von Roubaix.
Sieberg war trotzdem zufrieden nach seiner zehnten Teilnahme in Serie beim wohl härtesten Eintagesrennen der Welt. Da ließen sich die Blasen an der Hand und Schmerzen am ganzen Körper schon besser ertragen. Und diesmal war es Greipel, der seinem Kumpel gratulierte.
In den nächsten Wochen und Monaten wird es wieder andersherum laufen. Dann ist Sieberg im Sprintzug von Greipel der wichtigste Mann, speziell bei der Tour de France. Dann macht er auf den nervösen und hektischen Flachetappen wieder den Weg für seinen Kumpel frei, so dass dieser nur noch vollenden muss. Seit 2008 sind Sieberg und Greipel im Radsport unzertrennlich. Zusammen wechselten sie vom Team HTC-Columbia zum belgischen Lotto-Rennstall und bilden dort ein kongeniales Duo. Greipel ist sogar Siebergs Trauzeuge gewesen.
«Ein Sieg von André fühlt sich ein wenig wie ein eigener an», beschreibt Sieberg stets seine Gefühlslage nach einem Erfolg seines Kapitäns, der pro Saison für rund 15 Erfolge gut ist. Eigene Siegambitionen hat Sieberg nicht. Da ist er auch Realist genug, dass es für ganz vorne kaum reichen würde. Bisher gewann er in seiner Karriere lediglich zwei nicht so bedeutende Rennen in den Jahren 2005 und 2006.
Beim Giro d'Italia hatte er mal die Chance, ins Rosa Trikot zu fahren. Trotzdem stellte er sich in den Dienst seines Kapitäns. «Ich hatte bisher nie die Möglichkeit, einen großen Sieg herauszufahren. Ich weiß also nicht, ob diese Glücksgefühle wie bei einem Tour-Etappensieg von André noch zu steigern sind», ergänzt Sieberg. Am Sonntag in Roubaix hätte er es fast herausgefunden.